Chemikalien-Lexikon P

Phosphor, rot

Summenformel: Pn Relative Atommasse: Ar  30,9738 g/mol

Andere Bezeichnungen: Amorpher Phosphor, Violetter Phosphor; Phosphorus amorphus (lat.); phosphorus (engl.); phosphore (frz.)

CAS-Nr.: [7723-14-0]
EG-Nr.: 231-768-7
RID/ADR: UN 1338  4.1/11c
EG-Index-Nr.: 015-002-00-7

Beschreibung/Eigenschaften

Roter Phosphor ist ein dunkelrotes Pulver, welches aufgrund seiner hygroskopischen Eigenschaften stets etwas Luftfeuchtigkeit anzieht und daher zusammenklumpen kann, oder es handelt sich um kompakte, rotbraune, oftmals metallisch glänzende Stücke mit muscheligem Bruch.

Diese scheinbar amorphe ("gestaltlose" *) Modifikation des Phosphors ist - im Gegensatz zum wachsartigen weißen Phosphor - ungiftig und läßt sich nicht in Schwefelkohlenstoff auflösen. Beide Erscheinungsformen sind nicht wasserlöslich, der rote Phosphor löst sich auch nicht in organischen Lösungsmitteln. Roter Phosphor ist zwar bei allen Temperaturen die beständigere Form des Elements Phosphor. Kühlt man jedoch Dämpfe von rotem Phosphor sehr rasch ab, so entsteht weißer Phosphor als sog. metastabile Modifikation (unbeständige Zwischenstufe beim Übergang in den energieärmsten Zustand, siehe unten). Beim Erhitzen von rotem Phosphor auf ca. 400 °C entzündet sich das Pulver und verbrennt unter Bildung eines dichten, weißen und ätzenden Rauches von Phosphorpentoxid. Die Dichte beträgt ca. 2,16 g/cm3.

* Die Interpretation des Begriffs "amorph" in diesem Sinne ist nicht ganz korrekt, da die Phosphoratome in Form eines mehr oder weniger geordneten, dreidimensionalen Netzwerks angeordnet sind, dessen Ordnungszustand von den Bedingungen bei der Herstellung - nämlich Temperatur und Temperzeit - abhängig ist [Lit. x]. Jedes P-Atom ist dabei mit drei anderen P-Atomen verbunden. Rotes Phosphorpulver ist mikrokristallin-hexagonal. Violetter Phosphor, auch HITTORFscher Phosphor genannt, kristallisiert in einer monoklinen Schichtstruktur und entsteht beim 8-14tägigen Tempern bei 500 °C. Diese Abart weicht in Dichte und Struktur vom "normalen" roten Phosphor ab (Dichte = 2,36; Sublimationspunkt 620 °C).

Phosphor tritt in seinen Verbindungen vorwiegend als kovalenter Bindungspartner in Erscheinung, wobei entsprechend der Konfiguration der Außenelektronen (3 s2 3 p3) drei kovalente Bindungen gebildet werden können (Beispiel: PCl3). Allerdings ist es dem Element durch Entkopplung des s-Elektronenpaars und Hybridisierung zu sp3d auch möglich, fünf kovalente und gleichberechtigte Bindungen einzugehen (Beispiel: PCl5), was eine trigonal-bipyramidale Anordnung zur Folge hat.

Darstellung

Erhitzt man weißen Phosphor auf etwa 250 °C unter Ausschluß von Sauerstoff, so entsteht roter Phosphor:

Demonstrationsversuch (nur vom Lehrer oder Dozenten auszuführen!): Man trocknet ein kleines Stückchen weißen Phosphor mit Hilfe von Filtrierpapier und unter Vermeidung jeder Berührung mit der Hand. Der Phosphor wird in ein sorgfältig getrocknetes Reagenzglas aus DURAN-Glas überführt, mit einem Wattepfropfen locker verschlossen und unter dem Abzug kräftig erhitzt. Zunächst beobachtet man eine Feuererscheinung, da ein Teil des weißen Phosphors mit dem im Reagenzröhrchen vorhandenen Sauerstoff reagiert. Danach allerdings, wenn der Sauerstoffanteil verbraucht ist, fängt der Phosphor ruhig zu sieden an. Die Phosphordämpfe schlagen sich an den kalten Glaswandungen in Form von rotem Phosphor ab. Die verbleibende Phosphorschmelze färbt sich ebenfalls rot.

Die beschriebenene Umwandlung wird durch den Zusatz geringer Mengen von Iod katalytisch beschleunigt; sie kann dann bereits in der Kälte stattfinden. Löst man weißen Phosphor beispielsweise in Schwefelkohlenstoff auf und fügt der Lösung etwas Iod zu, so bildet sich beim vorsichtigen Verdunsten des Lösungsmittels (oder beim Erwärmen der Mischung im geschlossenen Reagenzrohr) roter Phosphor ab. Auch eine intensive Bestrahlung mit Licht verwandelt weißen Phosphor - selbst bei Raumtemperatur - allmählich in roten Phosphor. Beim Übergang der weißen zur roten Form wird eine nicht unerhebliche Wärmemenge frei.

Da bei der großtechnischen Darstellung des Elements Phosphor zunächst weißer Phosphor anfällt, muß die rote Form durch Erhitzung in abgeschlossenen Kugelmühlen erzeugt werden. Während 24 Stunden setzt man den Phosphor dabei Temperaturen von 270 bis 275 °C aus.

Anwendung

Roter Phosphor ist in den Reibflächen von Zündholzschachteln enthalten. In der präparativen Chemie wird er zur Herstellung von Phosphorverbindungen wie Phosphorhalogeniden und Phosphiden bzw. als Halogenüberträger benutzt (HBr-Synthese). Die organische Synthese macht ebenfalls in manchen Fällen von rotem Phosphor Gebrauch, beispielsweise bei der Darstellung von Iodalkanen aus dem entsprechenden Alkohol (Alkanol) und Iod. Während der Reaktion entsteht aus Phosphor und Iod Phosphortriiodid, PI3, der eigentliche Reaktionspartner des Alkohols.

Gefahren

Roter Phosphor ist leicht entzündlich. Zwar ist der Stoff nicht wie weißer Phosphor selbstentzündlich, doch er verbrennt unter Entwicklung von stark reizenden Brandprodukten (Phosphorpentoxid). Das Einatmen aufsteigender Brandprodukte ist daher unbedingt zu vermeiden; Demonstrationsexperimente, bei denen solche entstehen, sind in einem gut ziehenden Abzug vorzunehmen. Beim Verbrennen von Phosphor besteht die Gefahr des Verspritzens brennender Phosphorklümpchen, die tiefe Brandwunden verursachen und die Kleidung entflammen können. Sollten Phosphorstäube oder Brandprodukte trotz Sicherheitsmaßnahmen eingeatmet worden sein, so ist der Betroffene an die frische Luft zu bringen und ein Arzt hinzuzuziehen.

Bei Versuchen mit Phosphor sollte immer ein mit Wasser gefüllter Löscheimer bereitstehen und weiterhin eine mit Wasser gefüllte Schale oder Metallschüssel, in die man notfalls kleinere Geräte hineinwerfen kann. Schutzbrille mit Seitenschutz und oberer Augenraumabdeckung ist Pflicht, bei Gefahr des Verspritzens von Phosphorteilchen Arbeitshelm mit Gesichtsvollschutz.

Explosive Warnung: Gemische von Phosphor mit brandfördernden Stoffen (u.a. mit Permanganaten, Chloraten, Nitraten, Peroxiden) sind reibungs-, stoß- und druckempfindlich, können sich spontan von selbst entzünden oder unberechenbar explodieren. Für die Herstellung und den Umgang mit derartigen explosionsfähigen Mischungen gelten in Deutschland die Bestimmungen des Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe (SprengG), sie dürfen demzufolge von Personen, die die darin genannten Voraussetzungen nicht erfüllen, nicht hergestellt und nicht verwendet werden.
Gefahrensymbol: F Leichtentzündlicher Feststoff FLAMMABLE SOLID
Gefahrenhinweise: R 11 Leicht entzündlich
R 16 Explosionsgefährlich in Mischung mit brandfördernden Stoffen (siehe dazu die obenstehende Warnung)
Sicherheitsratschläge: S 2 Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen
S 7 Behälter dicht geschlossen halten
S 43.1 Zum Löschen Wasser verwenden

Beim Arbeiten mit Phosphor - wie beim Arbeiten mit Gefahrstoffen allgemein - sind die gesetzlichen Vorgaben, Versuchsvorschriften und Sicherheitsvorkehrungen (Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften) streng einzuhalten und die Einsatzmengen so klein als irgend möglich zu halten. Es sind ausschließlich Vorschriften wissenschaftlich anerkannter, moderner Literatur zu verwenden; von eigenen "Experimenten" und unzeitgemäßen Vorschriften ist unbedingt Abstand zu nehmen.

Transportklassifizierung GGVE/GGVS:

Klasse: 4.1 Symbol Gefahrstofftransport Kl. 4.1
Ziffer/Buchstabe:

UN-Nr.:

11 c

1338

Literaturhinweise Phosphor, rot

[1] Birett K., Umgang mit Gefahrstoffen 3. Aufl. 1990 (ecomed Verlagsges. mbH, Landsberg)

[2] HUNNIUS Pharmazeutisches Wörterbuch 7. Aufl. 1993, S. 1091 (Walter de Gruyter, Berlin und New York)

[3] Jander G./Blasius E., Lehrbuch der analytischen und präparativen anorganischen Chemie 13. Aufl. 1989 (S. Hirzel Verlag, Stuttgart)

[4] Kempter G. et. al., Studienbücherei: Praktikum zur allgemeinen und anorganischen Chemie 2. Aufl. 1975, S. 197 (VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin)

[5] Latscha/Klein, Anorganische Chemie 1978, S. 312f (Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York)

[6] Organikum 20. Aufl., S. 222 (Wiley-VCH 1999)

[7] Ridder K./Katholing F, GGVE - Gefahrgutverordnung Eisenbahn mit RID (ecomed Verlagsges. mbH, Landsberg)

[8] RÖMPP Chemielexikon Hrsg. Falbe/Regitz 9. Aufl. 1995 Band 4 M-Pk, S. 3386ff (G. Thieme Verlag,Stuttgart)

[9] Römpp H./Raaf H., Chemische Experimente die gelingen 16. Aufl. 1971, S. 51 (Franckh, Stuttgart)

[10] Schmidt Ernst, Ausführliches Lehrbuch der Pharmaceutischen Chemie, 1. Band - Anorganische Chemie, 4. verm. Aufl., S. 327f (Verlag von Friedr. Vieweg und Sohn, Braunschweig 1898)

[11] Sicherheitsdatenblatt gemäß 91/155/EWG - Richtiger technischer Name: PHOSPHORUS UN-Nummer 1338

[12] STAPF/ROSSA, Chemische Schulversuche, Teil 1 - Nichtmetalle 7. Aufl., S. 178ff (Volk und Wissen VE Verlag, Berlin 1976)

[13] Kolditz Lothar (Hrsg.), Anorganikum 6. Aufl. 1974 (Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin)

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Erstellt am 21.10.1999 * Letzte Änderung des Dokuments am 12.11.2002